Jürgen Tautz, Geschäftsführer des AWO Kreisverbandes Chemnitz und Umgebung, vertrat unser Bündnis als Experte bei der heutigen Anhörung zum so genannten „Bildungsstärkungsgesetz“ im Ausschuss für Schule und Bildung des Sächsischen Landtages.
Nach der gestrigen Sitzung des Graswurzelbündnisses gab er unsere Einschätzung zur Gesetzesvorlage an die Parlamentarier weiter.
Unsere wichtigsten Kritikpunkte im Überblick:
Den Einsatz von Assistenzkräften in Kitas sehen wir kritisch
Laut Entwurf dürfen künftig bis zu 20 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sächsischen Kitas Assistenzkräfte sein. Die Zahl der Assistenzkräfte soll komplett auf den Personalschlüssel angerechnet werden. Nach unserer Einschätzung werden durch den Einsatz von Assistenzkräften Qualität und Fachlichkeit in den sächsischen Kitas deutlich reduziert. Der 2-Prozent-Anteil der Assistenzkräfte innerhalb des Schlüssels führt dazu, dass die schwer erkämpfte Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation über die Hintertür wieder einkassiert wird. Da auch uns die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt für pädagogische Fachkräfte bekannt ist, sperren wir uns nicht grundsätzlich gegen Assistenzkräfte. Allerdings dürfen diese nicht auf den Personalschlüssel angerechnet werden, sondern den Kitas als zusätzliches Personal zur Verfügung stehen. Mit der Anrechnung der Assistenzkräfte innerhalb des Schlüssels, wird die schwer erkämpfte Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation über die Hintertür wieder einkassiert.
Fort- und Weiterbildung von Assistenzkräften muss geregelt sein
Darüber hinaus sollte es für Assistenzkräfte eine verpflichtende Möglichkeit der Fort- und Weiterbildung, zum Beispiel zum/zur ErzieherIn geben. Der Aufwand, der den Kitas für die Fort- und Weiterbildung von Assistenzkräften entsteht, muss diesen vergütet werden.
Aufgaben von Assistenzkräften müssen klar definiert werden
Außerdem halten wir es für elementar, dass im Gesetz klar definiert wird, welche Aufgaben die Assistenzkräfte haben. Ebenso erwarten wir uns, dass definiert wird, welche Abschlüsse Assistenzkräfte für die Arbeit in der Kita vorweisen müssen.
Vor- und Nachbereitungszeit muss auch für Assistenzkräfte gelten
Selbstverständlich sollte auch den Assistenzkräften eine Vor- und Nachbereitungszeit eingeräumt werden.
Zusätzlicher Aufwand für Assistenzkräfte muss vergütet werden
Wir gehen davon aus, dass durch den Einsatz von Assistenzkräften in den Kitas der Aufwand steigen wird. Dieser Aufwand – sowohl für die Leitung, wie auch für die einzelnen Erzieherinnen und Erzieher – muss entsprechend kompensiert werden.
Aufwand für zusätzliches Monitoring schätzen wir höher ein
Das Bildungsstärkungsgesetz sieht weiterhin vor, dass der Bedarf an Neueinstellungen von pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen und der Bedarf an Ausbildungsplätzen in diesem Bereich durch zusätzliche Erhebungen in den Kitas ermittelt werden soll. „Für die Erfüllung der zusätzlichen Meldepflichten entsteht für jede Kindertageseinrichtung jährlich ein zusätzlicher Aufwand von etwa fünf Arbeitsstunden“, heißt es in der Gesetzesvorlage. Wir gehen davon aus, dass der Aufwand in den Kitas deutlich höher ist und erwarten, dass dieser entsprechend finanziert wird. Zudem sollten in den Kitas, etwa durch den Einsatz einer geeigneten Software oder Orientierungshilfe, die Voraussetzungen geschaffen werden, um den Aufwand möglichst gering zu halten.
Schulgeldfreiheit muss erweitert werden
Bei der geplanten Änderung der Erzieherausbildungszuweisungsverordnung haben wir darauf hingewiesen, dass die Schulgeldfreiheit auch für HeilerziehungspflegerInnen und SozialassistentInnen gelten muss.
Fazit
Wir erwarten, dass wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, in den nächsten Jahren weitere substanzielle Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung, auch mit deutlicher finanzieller Beteiligung des Freistaates, vollzogen werden. Darüber hinaus unterstützen wird die weitergehenden Stellungnahmen der Gewerkschaften und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Sachsen.