Eines steht zumindest fest: Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) wird seinen jüngst vorgestellten Plan zur Umsetzung von zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit pro Woche für die ErzieherInnen in Sachsen noch einmal nachbessern müssen. Darüber waren sich gestern Lothar Bienst (CDU), Juliane Pfeil-Zabel (SPD), Marion Junge (Die Linke) und Petra Zais (Bündnis 90/Die Grünen) einig. Gestritten wurde nur, an welchen Stellen Nachbesserungen notwendig sind. Die Bildungsexperten ihrer jeweiligen Fraktion waren der Einladung des Graswurzelbündnisses „Die bessere Kita“ nach Dresden gefolgt, um in der Landesgeschäftsstelle der Parität öffentlich die Frage „Wie wird die Stärkung der frühkindlichen Bildung im nächsten Doppelhaushalt 2019/20 umgesetzt?“ zu diskutieren. Zum interessierten Publikum gehörten rund 40 Vertreter von Elterninitiativen, Gewerkschaften und Trägern sowie ErzieherInnen und LeiterInnen aus den Kitas in Sachsen.
Nach dem erst seit wenigen Tagen vorliegenden Haushaltsentwurf für das Kultusministerium sind für die Vor- und Nachbereitungszeit im Jahr 2019 40,7 Millionen und im Jahr 2020 71,4 Millionen Euro eingeplant. Ursprünglich hieß es seitens des Ministers, dass jährlich 75 Millionen zur Verfügung stehen. „Wo sind die restlichen Millionen?“, wollte deshalb Moderator Andreas Warschau in der ersten Fragerunde von Lothar Bienst (CDU) wissen. Dessen Antwort: „Da müssen Sie schon jemand in der Regierung fragen, wo der Rest geblieben ist. Wir bekommen den Haushalt morgen erst vorgestellt.“ Im gleichen Atemzug versicherte er aber, dass er dabei konkret nachfragen werde, wie die Zahlen zustande kommen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er sich dafür einsetzen wolle, dass die Regelungen zur Vor- und Nachbereitungszeit auch für die Kindertagespflege gelten sollen.
Bauchschmerzen mit dem Gesetzesentwurf hat Juliane Pfeil-Zabel (SPD). „Wir sehen den Gesetzesentwurf sehr kritisch. Wir haben zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit versprochen, doch diese werden mit diesem Gesetzesentwurf nicht herauskommen“, sagte sie. Sie verwies darauf, dass von den rund 38.000 sächsischen ErzieherInnen und Erziehern nur rund 10.000 zwischen 38,5 und 40 Stunden arbeiten. Nach den Plänen des Kultusministers bekommen allein 40-Stunden-Kräfte die vollen zwei Stunden. „Wir sind dafür, dass die zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit ab einer Arbeitszeit von 32 Stunden gelten.“ Sie machte auch keinen Hehl daraus, dass sie der derzeit breit diskutierten kostenfreien Kita aufgeschlossen gegenübersteht. „Gebührenfreiheit ist für mich eine Frage der Chancengleichheit.“ Die kostenfreie Kita würde ihren Angaben zu Folge in Sachsen rund 360 Millionen Euro im Jahr kosten. Dieses Geld sei durchaus im Haushalt vorhanden. Juliane Pfeil-Zabel verwies auf den prall gefüllten Zukunftssicherungsfonds, in welchen 2019 und 2020 noch einmal 300 Millionen Euro eingezahlt werden sollen. Gleichzeitig wolle auch sie sich dafür stark machen, dass die Kindertagespflege bei der Vor- und Nachbereitungszeit nicht mehr vernachlässigt werde.
Für Marion Junge (Die Linke) ist das A & O der Qualitätsverbesserung der Betreuungsschlüssel. Weiter sagte sie: „Für alle Erzieherinnen und Erzieher sowie die Tagesmütter und -väter muss es mindestens zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit geben. Das Rechenmodell, das jetzt im Regierungsentwurf drin steht, ist ein Sparmodell.“
Petra Zais (Bündnis 90/Die Grüne) verwies darauf, dass CDU und SPD im Bund enorme finanzielle Mittel in die Hand nehmen, um eine Qualitätsverbesserung in den Kitas zu erreichen. „Als ich den Referentenentwurf zum Gute-Kita-Gesetz gelesen habe, habe ich mich sehr darüber gefreut, dass die Länder aufgefordert werden, langfristige Handlungs- und Finanzierungskonzepte aufzustellen“, sagte sie. Sie hoffe, dass auch in Sachsen im Bereich der frühkindlichen Bildung in Zukunft nicht mehr nur von Haushalt zu Haushalt gedacht werde.
Nachbessern wird der Kultusminister wohl auch am Zeitpunkt, zu dem die neuen Regelungen gelten sollen. Bisher ist der 1. Juni 2019 als Termin gesetzt. Lothar Bienst erklärte, dass er von einem früheren Termin ausgegangen war, und auch Juliane Pfeil-Zabel sieht den Start im Sommer 2019 kritisch. „Die Träger sind jetzt schon in der Planung, könnten die Änderungen also bereits jetzt in die Dienstpläne einarbeiten.“
Während der Diskussion wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass der Bund durch das Gute-Kita-Gesetz den Freistaat in den folgenden Jahren (2019: 25 Millionen Euro, 2020: 50 Millionen Euro, 2021: 100 Millionen Euro) bei der frühkindlichen Bildung finanziell unter die Arme greift. Lothar Bienst gingen diese Hinweise irgendwann gegen den Strich: „Die Diskussion, wieviel Prozent der Freistaat gibt, finde ich ziemlich daneben. Es geht doch um die Sache.“