Frühkindliche Bildung in Sachsen bleibt eine Baustelle

Jens Kluge und Barbara Gärtner vertreten das Graswuzelbündnis künftig gemeinsam als Sprecher:innen nach außen.

Mit welchen Aktionen machen wir weiter? Und was „brennt“ in der sächsischen Kita-Landschaft gerade besonders? – diese beiden Fragen und einige mehr standen im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Sprecherrates des Graswurzelbündnisses „Die bessere Kita“.

Jens Kluge (Leiter des Eltern-Kind-Zentrums Integratives AWO Kinderhauses „Kuschelkiste“ in Zwickau), Michaela Merker (Leiterin im Evangelischen Kinderhaus „Gabenreich“ in Weinböhla), Jürgen Tautz (Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Chemnitz), Daniel Fuchs (Regionalleitung Landkreise Bautzen, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bei Der Paritätische Sachsen) und Barbara Gärtner (Fachbereichsleiterin Kita des Kinderarche Sachsen e.V. in Radebeul) trafen sich am 15. Juni zur konstituierenden Sitzung des Anfang März neu gewählten Sprecherrates des Graswurzelbündnisses „Die bessere Kita“ in Chemnitz.

„Mit Blick auf das Wahljahr 2024 wollen wir nicht müde werden, auf die aktuellen Herausforderung aufmerksam zu machen, die Sachsen im Bereich der Frühkindlichen Bildung zu stemmen hat“, sagt Bündnissprecher Jens Kluge. Nach wie vor gebe es im Freistaat viel zu tun.

So rangiert Sachsen bei der Fachkraft-Kind-Relation noch immer unter den Schlusslichtern in der Bundesrepublik. „Der ab 1. August zusätzlich gewährte Personaleinsatz für Ausfallzeiten ist zwar ein richtiges Signal, bleibt aber im Umfang weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück. Die Belastungen der vergangenen Jahre sind bei Kindern, Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen spürbar“, sagt Barbara Gärtner. Herausforderndes Verhalten der Kinder, besondere Unterstützungs- und Förderbedarfe, Aufnahme von Kindern mit Flucht- und Migrationserfahrungen und ständige personelle Ausfälle schlauchen und führen immer wieder dazu, dass zum Beispiel Öffnungszeiten eingeschränkt, Ausflüge mit Kindern abgesagt und individuelle Zeiten in kleinen Kindergruppen gestrichen werden.

Eine weitere personelle Aufstockung in den nächsten Jahren ist (noch) nicht in Sicht. „Diese langfristige Strategie fordern wir schon seit Jahren“, erinnert Jürgen Tautz.

Mit großer Enttäuschung reagierten alle Anwesenden darauf, dass die Fortführung des Bundesprogramms Sprach-Kita auf Landesebene nicht vorsieht, zusätzliche Personalstellen in den Kitas zu sichern. Stattdessen soll es Geld für eine Konzeptentwicklung zur Förderung der Mundgesundheit in Kitas geben. „Das geht völlig am Bedarf in den Kitas vorbei“, ärgert sich Jens Kluge.

Es fehle weiterhin an flächendeckender Förderung von Kita-Sozialarbeit in den Einrichtungen. Die Weiterentwicklung der Kitas zu Eltern-Kind-Zentren scheint (fast) vom Tisch. Es gibt für die Träger keine Planungssicherheit bezüglich der Ausbildungsförderung und Praxisanleitung – die angekündigte Fortschreibung der Förderrichtlinie zur Qualitäts- und Teilhabeverbesserung ist immer noch nicht veröffentlicht.

Positiv überrascht haben die Sprecherratsmitglieder daher auf die Pressemitteilung von Sachsens Kultusminister Christian Piwarz reagiert. Der CDU-Politiker hatte festgestellt, dass Bildung in der Kita beginnen muss. Dass der Minister am „Personaltableau in den Kindertageseinrichtungen festhalten“ will, „um den Rückgang der Kinderzahlen als demografische Rendite“ zu nutzen, sind neue und richtige Töne.

Das Graswurzelbündnis will sich dabei weiter in die Diskussion einmischen – bei weiteren Verbesserung des Personalschlüssels, der Novellierung des Kita-Gesetzes, der Fortschreibung des Bildungsplanes sowie der finanziellen Ausgestaltung der Kita-Betreuung für Eltern, Träger und Kommunen.

Als nächster Termin steht der Weltkindertag am 20. September an. Diesen will das Bündnis traditionell nutzen, um in allen sächsischen Kitas zu zeigen, wie wertvoll die pädagogische Arbeit dort ist und wie sehr diese angemessene Rahmenbedingungen braucht.