Der Countdown läuft

Voraussichtlich Mitte Dezember wird der sächsische Doppelhaushalt 2017/2018 beschlossen. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird sich die Situation in den Kitas im Freistaat aber damit nicht verbessern. Keine einzige der Forderungen unserer Graswurzelinitiative scheint den sächsischen CDU-Landtagsabgeordneten wichtig. Das müssen wir resümieren, nachdem eine Mail von uns an die sächsischen CDU-Abgeordneten vom schulpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag, Lothar Bienst, im Namen aller sächsischen CDU-Abgeordneten beantwortet wurde.

Das sind unsere Forderungen:

zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit pro ErzieherIn und Woche

Freistellung der Kita-Leitung für administrative Aufgaben nach Bedarf und zusätzliche Verwaltungsmitarbeiter zur Unterstützung der Kita-Leitung

eine deutliche Verbesserung des Personalschlüssels

Wiedereinführung des kostenlosen Vorschuljahres

 

Unser Dialog mit Lothar Bienst

Der schulpolitische Sprecher Lothar Bienst (Warum antwortet eigentlich er auf unsere Kita-Forderungen? Warum gibt es offenbar keinen Kita-politischen Sprecher?) wird nicht müde zu betonen, dass die Kinderbetreuung eine kommunale Aufgabe und nicht die des Freistaates ist.
Wir sagen: Es nützt nichts und niemandem, wenn die Politik auch in den nächsten 10 Jahren den „schwarzen Peter“ für eine zukunftsträchtige Personalausstattung in unseren sächsischen Kitas weiter von der Landes- zur Kommunalebene und umgekehrt hin- und herschiebt.

Der schulpolitische Sprecher Lothar Bienst sagt, die Personalausstattung sollte nicht singulär betrachtet werden. Er benennt das hohe Niveau der Ausbildung sowie die teilweise Freistellung der Leitung.

Wir fügen weitere Aspekte hinzu: Öffnungszeiten, Zeiten für Fort- und Weiterbildung, Zeit für Dienst- und Fachberatung, Ausgleich für Ausfälle durch Urlaub und Krankheit. Wem nützt die (teilweise) Freistellung der Leitung, wenn Gruppen nicht ausreichend mit Personal besetzt sind? Nein, die Personalausstattung sollte nicht singulär als Allheilmittel betrachtet werden, aber sie ist nun mal das wichtigste Instrument für eine Begleitung der Kinder ins Leben im entscheidendsten Alter für die kindliche Bildung. Denn Menschen brauchen menschliche Vorbilder als Gegenüber, die Impulse geben, die beobachten, die Hilfestellung geben, die Zeit haben, zuzuhören, zu trösten und zu ermutigen.

Der schulpolitische Sprecher Lothar Bienst sagt: Die CDU-Fraktion hat sich während der Kooalitionsverhandlungen mit der SPD-Fraktion im Jahr 2014 für eine zweistündige Anerkennung der Vor- und Nachbereitungszeiten ausgesprochen, da diese für die einzelne Erzieherin bzw. den einzelnen Erzieher eine merkliche Entlastung und Zeit für die mittelbare Arbeit am Kind bringt. Die allgemeine Verbesserung des Betreuungsschlüssels hingegen ist für die einzelne pädagogische Fachkraft in der täglichen Arbeit deutlich weniger spürbar.

Wir entgegnen: Diese Information ist uns in unseren Gesprächen mit diversen CDU-Landtagsabgeordneten so noch nicht begegnet. Dennoch freut es uns sehr, müssen wir doch die Dringlichkeit der Anerkennung der mittelbaren pädagogischen Arbeit in Kindertagesstätten nicht mehr erklären. Dass die CDU-Abgeordneten jedoch in diesem Zusammenhang auf die (minimale) Verbesserung des Betreuungsschlüssels verzichtet hätten, erschreckt uns zutiefst.

Der schulpolitische Sprecher Lothar Bienst sagt: Viele unserer Abgeordneten sind regelmäßig in den Kindertagesstätten in ihren Wahlkreisen unterwegs und machen sich ein Bild von den Rahmenbedingungen vor Ort.

Wir sagen: Die Politiker haben sich bisher kein realistisches Bild der Situation in den Kitas machen können, auch wenn sie regelmäßig in den Kitas unterwegs sind. Wir glauben, dass wir auch daran selbst einen Anteil haben. Da es anscheinend bei Besuchen von hochrangigen Vertretern der Politik einen Reflex des „roten Teppichs“ bei Trägern und Verantwortlichen gegeben hat. Noch ein Beispiel gefällig: Ein sächsischer CDU-Abgeordneter hat es sogar fertig gebracht, mit Krawatte und Anzug zur Aktion Perspektivwechsel in einer Chemnitzer Kita zu erscheinen.

Ein Bundesqualitätsgesetz ist dringend auf den Weg zu bringen.


Der schulpolitische Sprecher Lothar Bienst sagt: Das von Ihnen angemahnte Bundesqualitätsgesetz kann nicht auf der Ebene des Sächsischen Landtages entschieden werden. Hierfür müssen Sie sich an die Kolleginnen und Kollegen der Bundesfraktionen bzw. an Frau Bundesministerin Schwesig wenden.

Wir entgegnen: Danke für die Auskunft! Bitte entschuldigen Sie die Deutlichkeit, aber wir hatten uns vom schulpolitischen Sprecher einer Regierungsfraktion eine tiefgründigere Antwort erwartet. Denn so wenig wie es Ihre Aufgabe sein mag, Gesetzgebung auf Bundesebene anzustoßen – ist es noch weniger die der ErzieherInnen. Wir haben uns als Graswurzelinitiative an Sie, als von uns Sachsen gewählte InteressenvertreterInnen, gewandt. Wenn Sie mit uns übereinstimmen, dass sich dringend weitere Verbesserungen an die bisher gegangenen Schritte anschließen müssen, dann bitten wir Sie um Ihren Einsatz, auf Landesebene an einem Bundesqualitätsgesetz mit zu arbeiten, welches dabei hilft, einen Grundkonsens über Rahmenbedingungen in der frühkindlichen Bildung herzustellen.

Wir betonen mehr denn je: Gern sind wir weiterhin bereit, dabei zu unterstützen, dass Träger, Kommunen und das Land Sachsen den neu zu verhandelnden Finanzausgleich für die Folgejahre als Chance sehen, ihrer Aufgabenteilung gerechter zu werden. Pädagoginnen und Pädagogen, die keine Landesbedienstete sind, aber einen Auftrag des Landes – unseren sächsischen Bildungsplan – zu erfüllen haben, dürfen nicht weiter durch Aufgabenkomprimierung und Aufgabenzuwächse an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden.

Mit unserer Aktion „Licht aus – Bildungsplan an“ wollen wir auch ein Zeichen gegen die nicht weitsichtige und auf dem Rücken der Mitarbeiter in den Kitas und Horten ausgetragene sächsische Bildungspolitik mit dem Schwerpunkt Schule setzen. Wir glauben, dass wir in Sachsen genügend Ressourcen haben, um eigene Zeichen setzen zu können – unabhängig von in Aussicht gestellten Bundesmitteln im Rahmen einer Qualitätsoffensive im frühkindlichen Bereich.

Noch ist der Doppelhaushalt nicht beschlossen, noch ist Zeit zum Nachjustieren!!